Cholesterin und gesättigte Fettsäuren gelten seit Langem als problematische Nährstoffe. Genau so lange wird aber diese Einstufung auch hinterfragt. Beim Cholesterin in der Nahrung soll in den neuen «Dietary Guidelines for Americans» eine radikale Neubeurteilung erfolgen: Vom Problemstoff zum Nährstoff ohne Bedenken.

Nahrungscholesterin durchlebt eine bewegte Geschichte. In den 1950er Jahren galt es als problemloser Nährstoff und entsprechend schrieb die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1957:

Heute sieht es so aus, dass der Gehalt an Blutcholesterin in der Regel kaum oder gar nicht auf Veränderungen der Cholestinzufuhr reagiert. [1]

Diese Aussage basierte unter anderem auf Studien von Ancel Keys. Keys änderte aber seine Meinung bezüglich Cholesterin und deklarierte es später zusammen mit den gesättigten Fettsäuren als wesentlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Diese Beurteilung dauert vielerorts bis heute an und ein Grenzwert von 300 mg Cholesterin pro Tag finden wir in vielen Empfehlungen.

In den USA gab es aber bereits 2014 eine beeindruckende Neubeurteilung des Cholesterins. Die American Heart Association deklarierte:

Es gibt keine ausreichende Evidenz für eine Reduktion des LDL-Cholesterins (das schlechte Cholesterin im Blut) aufgrund einer Senkung des Nahrungscholesterins. [2]

Diese neue Beurteilung ist deshalb beeindruckend, weil zuvor Cholesterin eben aufgrund des negativen Einflusses auf das LDL-Cholesterin als problematisch eingestuft wurde. Die neuen 2015 Dietary Guidelines for Americans sollen nun diese Änderung aufnehmen und Nahrungscholesterin als bedenkenlosen Nährstoff deklarieren. Zumindest wird dies im Grundlagenbericht zu den 2015 Guidelines so beschrieben. Die 2015 Guidelines sollten vor Ende 2015 veröffentlicht werden, sie sind aber noch nicht erschienen.

Bei den gesättigten Fettsäuren ist eine Neubeurteilung noch nicht in Sicht. Sie wäre ebenfalls notwendig, da wie beim Nahrungscholesterin auch bei den gesättigten Fettsäuren der Zusammenhang zu den Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht belegt ist [3]. Mal schauen, ob und wann die Empfehlungen zu den gesättigten Fettsäuren wanken werden…

  1. World Health Organization (1957): Study group on atherosclerosis and ischaemic heart disease. Technical Report Series 117, Geneva.
  2. Eckel R.H. et al. (2014): 2013 AHA/ACC guideline on lifestyle management to reduce cardiovascular risk: a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Practice Guidelines. Circulation 129: S76-99.
  3. Souza R.J. de et al. (2015): Intake of saturated and trans unsaturated fatty acids and risk of all cause mortality, cardiovascular disease, and type 2 diabetes: systematic review and meta-analysis of observational studies. BMJ 351: h3978.